Für Arbeitnehmer:innen ist sie erst mal ein Schock: Eine Abmahnung im Arbeitsrecht bezeichnet den Hinweis auf vertragswidriges Verhalten. Welche Konsequenzen eine Abmahnung im Job haben kann und wie sich Arbeitnehmer:innen korrekt verhalten, erklärt Fachanwältin Ingelore Stein aus Dortmund.
Unpünktlichkeit, unzureichende Arbeitsergebnisse, Nichtanzeige von Nebentätigkeit, obwohl vertraglich vereinbart, Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder Alkoholkonsum am Arbeitsplatz trotz eines zulässigen Verbots – das sind häufige Gründe für eine Abmahnung im Job. Sie ist stets ein Warnzeichen, die signalisieren soll, dass Arbeitnehmer:innen mit ihrem Verhalten eine Grenze überschritten haben. Wiederholt sich dieses, drohen schwerwiegende Folgen: von finanziellen Einbußen bis hin zur Kündigung.
Häufig wissen Beschäftigte nicht, wie sie sich im Falle einer Abmahnung, die im Regelfall schriftlich übermittelt wird, verhalten sollen. Generell gilt: Bei berechtigten Zweifeln muss man sie nicht einfach so hinnehmen. „Unterschreiben Sie das Dokument am besten gar nicht“, sagt Ingelore Stein, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Dortmund, zum Thema „Abmahnung im Arbeitsrecht“.
Schon eine Unterschrift durch den:die Arbeitnehmer:in, die nicht bloß den Erhalt der Abmahnung bestätigt, kann als Eingeständnis eines vermeintlichen Fehlverhaltens gewertet werden und bei einem möglichen Rechtsstreit zu Problemen führen.
Abmahnung im Arbeitsrecht: Triftiger Grund ist Voraussetzung
Jedoch ist nicht jeder Fehler ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag und rechtfertigt eine Abmahnung. Nur was vom Direktionsrecht erfasst ist, kann eine Verletzung des Arbeitsvertrages sein.
Außerdem geht es immer nur um das Verhalten im Arbeitsleben, das geändert werden kann und muss.
Es gibt viele Anlässe, die eine Abmahnung daher nicht rechtfertigen. „Dazu zählen unter anderem Verspätungen, die durch höhere Gewalt, wie Unwetter verursacht sind oder Dinge, auf die ein:e Arbeitnehmer:in überhaupt keinen Einfluss hat, wie z.B. wenn mehrere mit einer Aufgabe betraut sind. Auch können Pflichtverletzungen, die unabsichtlich erfolgt sind, wie z.B. das Umwerfen eines Kaffeebechers nicht eine Abmahnung rechtfertigen“, so Fachanwältin Stein.
Wie schlimm ist eine Abmahnung wirklich?
Ist die Abmahnung berechtigt, haben Arbeitnehmer:innen, die ihr Vorhalten fortan ändern, eigentlich nichts zu befürchten. Kritisch wird es, wenn keine Verbesserung eintritt, denn das kann eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen.
„Ein Vorurteil muss deutlich ausgeräumt werden. Es reicht vor dem Ausspruch einer Kündigung nur eine einzige, aber einschlägige Abmahnung. Im Falle einer Wiederholung des gerügten Verhaltens kann die verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein“, erklärt Ingelore Stein.
Welche Fristen müssen eingehalten werden?
Der:Die Gesetzgeber:in gibt keine Fristen bei einer Abmahnung an. Jedoch erfolgt diese im Regelfall zeitnah, schließlich sind Unternehmen stets an einer schnellen Korrektur des Verhaltens ihrer Mitarbeiter:innen interessiert. Trotzdem bleibt der Faktor Zeit ein wichtiges Kriterium im Hinblick auf die rechtliche Gültigkeit einer Abmahnung.
„Verstoßen Mitarbeiter:innen über einen längeren Zeitraum gegen bestimmte Pflichten und ist dies der vorgesetzten Person bekannt, ohne dass ihr Verhalten beanstandet wird, kann man von einer Toleranz des Verhaltens ausgehen“, erörtert Stein. Eine spätere Abmahnung könne deshalb unwirksam sein.
Abmahnung erhalten: Was tun?
Selbstreflexion und Einsicht sind im Falle einer begründeten Abmahnung der beste Weg. Wer die eigenen Fehler einsieht und Besserung gelobt, sendet damit ein klares Signal. Wer die Abmahnung aber anzweifelt, hat mehrere Möglichkeiten: So kann seitens des:der Arbeitnehmer:in eine Gegendarstellung verfasst werden, die – wie auch die Abmahnung selbst – in der Personalakte hinterlegt werden muss. Im Falle eines Rechtsstreits kann dieses Dokument entscheidend sein, vor allem dann, wenn Zeug:innen benannt werden können.
Es gibt auch Betriebe, in denen Arbeitgeber:innen mit den Interessenvertretungen Vereinbarungen über die Dauer des Verweilens der Abmahnung in der Personalakte vereinbart haben. Es sollte daher beim Betriebsrat/Personalrat oder Mitarbeitervertretung nachgefragt, ob eine solche Vereinbarung existiert. Dann könnte die Interessenvertretung im Nachgang dabei unterstützen, die Abmahnung wieder aus der Personalakte zu entfernen.
Dazu Stein: „Im Gesetz ist nicht vorgesehen, dass der Betriebsrat von einer Abmahnung informiert werden muss, daher sollte der:die Arbeitnehmer:in sich selbst an den Betriebsrat wenden. Eine Löschung aus der Personalakte erfolgt nicht automatisch, sie bleibt in der Regel in der Personalakte bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Die Abmahnung verliert nur im Laufe der Zeit immer mehr an Wirkung, da sie eine Warnfunktion hat und diese nach vielen Jahren unbeanstandeter Tätigkeit verloren geht.“
Klage gegen Abmahnung im Arbeitsrecht
Als letzte Stufe bleibt nur die Klage. „Eine unberechtigte Abmahnung verletzt Menschen vor allem in ihrem Persönlichkeitsrecht, so dass ein Anspruch auf Entfernen der Abmahnung aus der Personalakte besteht. Es stellt eine Diskriminierung dar, in dem unterstellt wird, dass der/die Arbeitnehmer:in die gerügten Verhaltensweisen nicht entsprechend arbeitsvertraglich richtig ausführt und die Abmahnung zur Personalakte genommen wird. Dieses Recht wird gem. § 1004 BGB analog entnommen“, erklärt Fachanwältin Stein.
Und weiter: „Eine Klage ist aber selten anzuraten, denn damit wird das Arbeitsverhältnis zusätzlich belastet. Allerdings hängt dies auch von der Nähe zur Geschäftsleitung ab. Es kann festgestellt werden, dass je größer das Unternehmen ist umso weniger belastend wirkt sich eine Klage gegen eine Abmahnung negativ aus.“
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